Friday, April 21, 2006

Eastern Orthodox Easter - On The Death Of Mary, Three Poems By Rainer Maria Rilke

Vom Tode Mariae
(Drei Stücke)

I

Derselbe große Engel, welcher einst
ihr der Gebärung Botschaft niederbrachte,
stand da, abwartend dass sie ihn beachte,
und sprach Jetzt wird es Zeit, dass du erscheinst.
Und sie erschrak wie damals und erwies
sich wieder als die Magd, ihn tief bejahend.
Er aber strahlte und, unendlich nahend,
schwand er wie in ihr Angesicht - und hieß
die weithin ausgegangenen Bekehrer
zusammenkommen in das Haus am Hang,
das Haus des Abendmahls. Sie kamen schwerer
und traten bange ein: Da lag, entlang
die schmale Bettstatt, die in Untergang
und Auserwählung rätselhaft Getauchte,
ganz unversehrt, wie eine Ungebrauchte,
und achtete auf englischen Gesang.
Nun da sie alle hinter ihren Kerzen
abwarten sah, riss sie vom Übermaß
der Stimmen sich und schenkte noch von Herzen
die beiden Kleider fort, die sie besaß,
und hob ihr Antlitz auf zu dem und dem...
(O Ursprung namenloser Tränen-Bäche).

Sie aber legte sich in ihre Schwäche
und zog die Himmel an Jerusalem
so nah heran, dass ihre Seele nur,
austretend, sich ein wenig strecken musste:
schon hob er sie, der alles von ihr wusste,
hinein in ihre göttliche Natur.

II

Wer hat bedacht, dass bis zu ihrem Kommen
der viele Himmel unvollständig war?
Der Auferstandne hatte Platz genommen,
doch neben ihm, durch vierundzwanzig Jahr,
war leer der Sitz. Und sie begannen schon
sich an die reine Lücke zu gewöhnen,
die wie verheilt war, denn mit seinem schöne
Hinüberscheinen füllte sie der Sohn.

So ging auch sie, die in die Himmel trat,
nicht auf ihn zu, so sehr es sie verlangte;
dort war kein Platz, nur Er war dort und prangte
mit einer Strahlung, die ihr wehe tat.
Doch da sie jetzt, die rührende Gestalt,
sich zu den neuen Seligen gesellte
und unauffällig, licht zu licht, sich stellte,
da brach aus ihrem Sein ein Hinterhalt
von solchem Glanz, dass der von ihr erhellte
Engel geblendet aufschrie: Wer ist die?
Ein Staunen war. Dann sahn sie alle, wie
Gott-Vater oben unsern Herrn verhielt,
so dass, von milder Dämmerung umspielt,
die leere Stelle wie ein wenig Leid
sich zeigte, eine Spur von Einsamkeit,
wie etwas, was er noch ertrug, ein Rest
irdischer Zeit, ein trockenes Gebrest -.
Man sah nach ihr; sie schaute ängstlich hin,
weit vorgeneigt, als fühlte sie: ich bin
sein längster Schmerz -: und stürzte plötzlich vor.
Die Engel aber nahmen sie zu sich
und stützten sie und sangen seliglich
und trugen sie das letzte Stück empor.

III

Doch vor dem Apostel Thomas, der
kam, da es zu spät war, trat der schnelle
längst darauf gefasste Engel her
und befahl an der Begräbnisstelle:

Dräng den Stein beiseite. Willst du wissen,
wo die ist, die dir das Herz bewegt:
Sieh: sie ward wie ein Lavendelkissen
eine Weile da hineingelegt,

dass die Erde künftig nach ihr rieche
in den Falten wie ein feines Tuch.
Alles Tote (fühlst du), alles Sieche
ist betäubt von ihrem Wohl-Geruch.

Schau den Leinwand: wo ist eine Bleiche,
wo er blendend wird und geht nicht ein?
Dieses Licht aus dieser reinen Leiche
war ihm klärender als Sonnenschein.

Staunst du nicht, wie sanft sie ihm entging?
Fast als wär sie's noch, nichts ist verschoben.
Doch die Himmel sind erschüttert oben:
Mann, knie hin und sieh mir nach und sing.


Rainer Maria Rilke, zwischen dem 15. und 22.01.1912, Duino
Das Marien-Leben

http://rainer-maria-rilke.de/10a013vomtodemariae.html

Also see, Paul Hindemith (1895-1963), "Vom Tode Mariä I-III" , op. 27 no. 14 (1922-3), rev. 1948, from Das Marienleben

*

"Vom Tode Mariä II

Who had realized that until her arrival
the crowded heavens had been incomplete?
The risen one had taken his seat,
but next to him, for twenty-four years,
there was an empty space. And they began already
to get used to the pure gap,
which seemed to have healed, because with his beautiful
spreading radiance the son was filling it.

Thus, when she entered the heavens,
she did not go towards him, despite her strong longing;
there was no room, only He was there and shone
with a radiance that hurt her.
But just now as her moving figure joined
with the new blessed ones
and stood discreetly, as light with light, next to them,
there erupted from her being such an assault of
glowing light, that the blinded angel who was illuminated by her
cried out: Who is this one?
A wonderment arose. Then they all saw
how God-Father above shielded our Lord,
so that in the mild gloaming
the empty spot could now be seen
like a small pain, a sense of loneliness,
as something he was still bearing, a remnant from
his time on earth, a dried up injury-.
They watched her; she looked ahead with fear,
bent far forward, as if she felt: I am
His most enduring pain-; and suddenly broke forth.
But the angels took her in their fold
and steadied her and sang with blessed voices
and carried her up the final steps.

English Translation (c) Knut W. Barde. All rights reserved.

http://www.recmusic.org/lieder/get_text.html?TextId=13535






















The Birth, Life, and Dormition of Mary receive greater meditation in Eastern Orthodox Christianity, than in Western Catholic and Protestant Christianity.

Photo credit: Collection of the Fine Arts Museum of Hamburg, Germany.

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